Von Markus Groß auf Samstag, 01. Februar 2025
Kategorie: IT

NIS2-Compliance sichern und weiterentwickeln

Viele Unternehmen atmen auf, wenn sie die Anforderungen der NIS2-Richtlinie formal umgesetzt haben. Die Prozesse sind dokumentiert, die Technik aufgerüstet, die Schulungen durchgeführt – und der Gedanke liegt nahe, das Thema erst einmal abzuhaken. Doch genau hier lauert eine der größten Gefahren: NIS2-Compliance ist kein Einmalprojekt, sondern ein Dauerzustand.

Cyberbedrohungen entwickeln sich ständig weiter, Geschäftsmodelle verändern sich, und auch die rechtlichen Vorgaben können angepasst oder ergänzt werden. Wer nach der initialen Umsetzung in den „Wartemodus“ schaltet, riskiert nicht nur Bußgelder, sondern auch einen realen Sicherheitsverlust.

In diesem Artikel geht es darum, wie Unternehmen ihre NIS2-Compliance nicht nur sichern, sondern kontinuierlich weiterentwickeln, um langfristig geschützt und regelkonform zu bleiben.

Der Unterschied zwischen Umsetzung und Aufrechterhaltung

Die Umsetzung von NIS2 bedeutet, die geforderten Maßnahmen einmalig einzuführen – etwa ein Incident-Response-Team aufzubauen, Meldeprozesse zu definieren oder technische Schutzmaßnahmen zu implementieren.
Die Aufrechterhaltung hingegen umfasst alles, was danach kommt: die regelmäßige Überprüfung, Anpassung und Verbesserung dieser Maßnahmen.

Ein gutes Beispiel ist die Lieferkettensicherheit: Einmal im Jahr einen Fragebogen an alle Zulieferer zu verschicken, mag bei der Erstumsetzung ausreichen. Doch wenn ein wichtiger Partner plötzlich ausgelagert wird, fusioniert oder seine Sicherheitszertifizierungen verliert, muss darauf zeitnah reagiert werden – nicht erst bei der nächsten Jahrespüfung.

Die drei Säulen nachhaltiger NIS2-Compliance

Damit Compliance nicht erodiert, braucht es einen systematischen Ansatz, der auf drei Säulen ruht:

  1. Kontinuierliche Überwachung
    Unternehmen müssen laufend prüfen, ob die getroffenen Maßnahmen noch wirksam sind. Dazu gehören technische Monitoring-Systeme, aber auch organisatorische Kontrollen, etwa regelmäßige Management-Reviews oder Abteilungsfeedbacks.
  2. Regelmäßige Tests und Audits
    Interne und externe Audits helfen, Schwachstellen früh zu erkennen. Penetrationstests, Social-Engineering-Simulationen und Krisenübungen sind wertvolle Instrumente, um die Belastbarkeit der Strukturen zu prüfen.
  3. Anpassung an Veränderungen
    Neue Technologien, geänderte Geschäftsprozesse oder gesetzliche Änderungen erfordern eine fortlaufende Anpassung. Ein Unternehmen, das in einen neuen Markt eintritt oder neue digitale Dienste anbietet, muss seine Sicherheitsstrategie entsprechend erweitern.

Typische Schwachstellen bei der Aufrechterhaltung

Viele Organisationen fallen nach der initialen Umsetzung in eine Routine, die wichtige Entwicklungen übersieht. Häufige Fehler sind:

Diese Schwächen führen dazu, dass Compliance oft nur auf dem Papier existiert, während das tatsächliche Sicherheitsniveau sinkt.

Best Practices für langfristige NIS2-Compliance

Um die Compliance nicht nur zu sichern, sondern zu stärken, haben sich folgende Vorgehensweisen bewährt:

Praxisbeispiel – Vom Projekt zur gelebten Routine

Ein europäischer Logistikdienstleister führte NIS2-Maßnahmen innerhalb von neun Monaten ein. Um die Nachhaltigkeit zu sichern, richtete er ein internes „Cybersecurity Steering Committee“ ein, das vierteljährlich tagt. Dort werden neue Bedrohungslagen, offene Maßnahmen und Verbesserungsbedarfe besprochen. Zusätzlich gibt es ein festes jährliches „Compliance Audit“, bei dem externe Prüfer die Wirksamkeit aller Prozesse bestätigen. Ergebnis: Nicht nur die Compliance blieb stabil, sondern die Sicherheitskennzahlen verbesserten sich kontinuierlich.

Fazit – Weiterentwicklung als Wettbewerbsvorteil

NIS2-Compliance ist kein Endpunkt, sondern ein laufender Prozess. Unternehmen, die diesen Prozess ernst nehmen und ihn in ihre strategische Planung integrieren, profitieren doppelt: Sie erfüllen nicht nur ihre gesetzlichen Pflichten, sondern stärken auch ihre Resilienz und ihr Ansehen bei Kunden, Partnern und Investoren.

Wer den Blick über die reine Erfüllung der Mindeststandards hinaus richtet, kann Cybersicherheit als echten Wettbewerbsvorteil nutzen – und sich so in einem zunehmend digitalen und vernetzten Markt behaupten.

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