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Gemeinsam stärker – Wie der Informationsaustausch den Sektor schützt

Gemeinsam stärker – Wie der Informationsaustausch den Sektor schützt Gemeinsam stärker – Wie der Informationsaustausch den Sektor schützt

In der Welt der Cybersicherheit ist es ein offenes Geheimnis: Kein Unternehmen kann sich allein verteidigen. Die Angreifer arbeiten längst nicht mehr isoliert – sie tauschen sich aus, handeln im Darknet mit Schwachstellen und Angriffswerkzeugen und nutzen koordinierte Kampagnen, um möglichst viele Ziele gleichzeitig zu treffen. Wer darauf nur mit einer isolierten Verteidigungsstrategie reagiert, läuft Gefahr, in der Informationslücke zwischen den Organisationen unterzugehen. Genau hier setzt eine der Kernideen von DORA an: den strukturierten und sicheren Informationsaustausch im Finanzsektor zu fördern. Die Botschaft dahinter ist klar – Sicherheit wird zur Gemeinschaftsaufgabe.

Der Gedanke ist so einfach wie kraftvoll: Wenn ein Unternehmen eine Bedrohung erkennt oder einen Angriff erlebt, können andere davon profitieren, diese Informationen schnell zu kennen. Ob es sich um neue Phishing-Muster, Zero-Day-Schwachstellen oder komplexe Supply-Chain-Angriffe handelt – je früher andere potenzielle Opfer gewarnt sind, desto besser können sie reagieren. DORA will diesen Austausch nicht nur ermöglichen, sondern systematisieren. Das Ziel: Angriffszeiten verkürzen, Verteidigungsmaßnahmen beschleunigen und die kollektive Widerstandsfähigkeit des gesamten Sektors steigern.

In der Praxis bedeutet das, dass Unternehmen ermutigt und teilweise verpflichtet werden, sicherheitsrelevante Informationen über Vorfälle, Bedrohungen und Schutzmaßnahmen mit geeigneten Stellen zu teilen. Diese Stellen können branchenspezifische Computer Security Incident Response Teams (CSIRTs), Aufsichtsbehörden oder sektorspezifische Informationsaustauschplattformen sein. Wichtig ist dabei der Aspekt „geeignet“: Nicht jede Information muss oder darf an jeden gehen. DORA legt großen Wert darauf, dass der Austausch strukturiert, rechtlich abgesichert und datenschutzkonform erfolgt.

Eines der größten Hindernisse für den Informationsaustausch war bislang das Misstrauen. Unternehmen fürchten, durch die Offenlegung von Sicherheitsvorfällen Reputationsschäden zu erleiden oder rechtliche Risiken einzugehen. DORA begegnet diesem Problem, indem es klare Rahmenbedingungen für den Austausch definiert und den Schutz sensibler Informationen betont. So können Daten beispielsweise anonymisiert oder aggregiert werden, um Rückschlüsse auf einzelne Organisationen zu vermeiden, während der wesentliche Erkenntniswert für die anderen Teilnehmer erhalten bleibt. Zudem schafft DORA Rechtssicherheit, indem es klare Meldewege und Schutzmechanismen festlegt.

Ein gut organisierter Informationsaustausch bringt gleich mehrere Vorteile. Zum einen beschleunigt er die Reaktionsfähigkeit: Wenn ein Unternehmen über eine neu entdeckte Schwachstelle informiert wird, bevor diese breit ausgenutzt wird, kann es sofort Gegenmaßnahmen einleiten. Zum anderen ermöglicht der Austausch, Muster zu erkennen, die über den Horizont eines einzelnen Unternehmens hinausgehen. So lassen sich koordinierte Angriffe oder neue Angriffskampagnen frühzeitig identifizieren – etwas, das isolierten Abwehrsystemen oft entgeht.

Darüber hinaus hat der Austausch eine strategische Komponente: Er stärkt das Vertrauen zwischen Marktteilnehmern. Banken, Versicherungen, Zahlungsdienstleister und ihre Dienstleister erkennen, dass sie trotz Wettbewerb in einem entscheidenden Punkt auf derselben Seite stehen – in der Verteidigung gegen Cyberkriminelle. Dieses Bewusstsein kann langfristig auch zu weiteren Kooperationsformen führen, etwa zu gemeinsamen Sicherheitsstandards, abgestimmten Krisenreaktionsplänen oder kollektiven Investitionen in Schutztechnologien.

DORA fordert nicht nur den Austausch von Informationen zu Vorfällen, sondern auch zu präventiven Maßnahmen. Das können Hinweise zu neu entdeckten Angriffsmethoden, bewährten Abwehrstrategien oder Tools sein, die in bestimmten Szenarien besonders wirksam sind. Solche Best-Practice-Sharing-Mechanismen sorgen dafür, dass nicht jedes Unternehmen das Rad neu erfinden muss. Gerade kleinere Marktteilnehmer profitieren davon, weil sie oft nicht die Ressourcen haben, um selbst umfassende Threat-Intelligence-Analysen durchzuführen.

Natürlich bringt der Informationsaustausch auch Herausforderungen mit sich. Neben dem Schutz sensibler Daten müssen geeignete Formate, Schnittstellen und Prozesse etabliert werden. DORA setzt hier auf standardisierte Meldeformate, um die Interoperabilität zwischen unterschiedlichen Plattformen und Behörden sicherzustellen. So wird gewährleistet, dass Informationen nicht nur sicher, sondern auch effizient und maschinenlesbar weitergegeben werden können. Dies ist entscheidend, um im Ernstfall Sekunden und Minuten zu sparen – Zeit, die über den Erfolg oder Misserfolg einer Abwehrmaßnahme entscheiden kann.

Ein oft unterschätzter Erfolgsfaktor ist die Kultur des Teilens. Selbst mit klaren Regeln und sicheren Plattformen bleibt der Informationsaustausch wirkungslos, wenn die Beteiligten ihn nur zögerlich nutzen. Unternehmen müssen verstehen, dass das Zurückhalten relevanter Bedrohungsinformationen nicht nur potenziell anderen schadet, sondern im Umkehrschluss auch sie selbst verwundbarer macht. DORA will deshalb eine Kultur fördern, in der der Austausch selbstverständlich und strategisch verankert ist – als fester Bestandteil des Sicherheits- und Resilienzmanagements.

Letztlich ist der Informationsaustausch kein Allheilmittel, aber er ist ein mächtiges Werkzeug im Arsenal moderner Cybersicherheit. In einer Zeit, in der Angriffe komplexer, schneller und globaler werden, kann kein einzelner Akteur alles sehen oder abwehren. Wer seine Erkenntnisse teilt und von den Erfahrungen anderer lernt, verschafft sich selbst einen Vorteil und trägt gleichzeitig dazu bei, den gesamten Sektor widerstandsfähiger zu machen. Genau das ist der Geist von DORA – und genau hier liegt eine der größten Chancen der Verordnung: aus isolierten Verteidigern ein vernetztes, lernendes System zu machen, das gemeinsam stärker ist als die Summe seiner Teile.

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